Mittwoch, 29. April 2015

WOHIN GEHT DIE REISE ?



Die ersten Meldungen, die aufs Schiff kamen: Wir laufen südlichen Kurs. Wir rätselten,  wohin die Reise gehen mochte. Dann drehten wir auf einmal auf nördlichen Kurs.Warum? Wir wunderten uns mehr über all die sonderbaren Dinge, die geschahen, als das wir darüber nachdachten.
Alle, die nichts zu tun hatten, auch die Stewards, sie hatten ja keine Passagiere mehr zu betreuen, bekamen einen Pott Farbe und einen Pinsel in die Hand gedrückt. Das elegante Weiss des Schiffs, der Stolz jedes Bootsmanns - "Kumm mi nich an de frische Farv!" - verwandelte, verschandelte sich in einen schmutzigen, undefinierbaren Ton. Man hatte alle verfügbaren Farben zusammen gekippt. Die gepflegten Decksplanken bekamen auch ihren Teil ab. Deckwaschen fiel aber erst mal aus. Wir freuten uns, der Bootsmann weinte.
Die Temperaturmessungen wurden, wegen der angespannten Situation, jetzt von höherer Stelle vorgenommen. Täglich zeigte das Thermometer niedrigere Werte an, ein Zeichen von immer nördlicherem Kurs. Ewiger Nebel war unser Begleiter, hoffentlich nicht auch Eisberge. Der Ausguck  - mit meiner halb geputzten Glocke - war doppelt besetzt. Wir Decksleute standen unter der Führung eines der zahlreichen III. und IV. Offiziere, Brückenmoses genannt, rund ums Schiff und hielten Auschau nach anderen Schiffen und Eisbergen.
Wir Leute "vor dem Mast" waren zu Mittschiffsleuten befördert worden. Wir schliefen jetzt in den Passagierkbinen - aber nur dritte Klasse -, um bei einer "Ramming" besser geschützt zu sein.
Was muss ein Seemann auf dem Weg zum Kapitän nicht alles lernen. Matrazen schleppen gehörte anscheinend auch dazu. Für den Fall, dass wir aussteigen müssten, gab es allerhand Maßnahmen. Die Boote wurden mit Proviant und Decken bestückt und ausgeschwenkt. Order:"Schlaft in warmen Klamotten, das Eismeer hat keine Badetemperatur." Wir bekamen jeder drei Dollars für Notfälle. Für welche Notfälle? Die Bootsmotoren, sie liefen schon in New York Probe, mussten noch einmal überprüft werden. Man überließ nichts dem Zufall.Die Matrazen stapelten wir - nur die aus der dritten Klasse, der Lloyd ging sparsam mit seinem Eigentum um - und anderes brennbares Material, in den grossen Salons. Wir wurden eingeteilt, um im Fall der Versenkung Feuer zu legen und alle Bullaugen zu öffnen. Falls es Krieg geben würde, sollte das Schiff nicht in Feindeshand fallen.
Ich jedoch machte mir keine Sorgen und freute mich, nach all der Arbeit am 9. September meinen Urlaub antreten zu können, doch die Zukunft hatte mit mir und der ganzen Welt etwas anderes vor.



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