Montag, 29. April 2013

Ich werde Kapitän!

 Die Lehrzeit beginnt


Von der Zeit nach der Rückkehr aus Kiel, gibt es nicht viel Gutes zu berichten. Nach den glückliche Tagen der Sommerferien in Kiel kam es ziemlich dick für mich.
Ein Badeunfall mit einer unerkannten Gehirnerschütterung, dann noch Scharlach, zu spät diagnostiziert. Ich saß apathisch in der Schule, in den Pausen in der Sonne und musste dann sechs Wochen in Quarantäne im Leher Krankenhaus. Mein Zimmer wurde ausgeräuchert, das war der Stand der Medizin.

Mit neuer Kenntnis, dass in der christlichen Seefahrt der Weg zum Kapitän auch ohne Abitur möglich sei, war die Schule abgemeldet. Es gab nicht einmal familiären Ärger. Im Gegenteil, Großvater nutzte seine Drähte, um mich bei allerlei Reedereibüros und dabei auch dem Direktor des Norddeutschen Lloyds, als Moses auf dem Weg zum Kapitän, vorzustellen.

Kontor Norddeutscher Lloyd, Lloydstraße, Bremerhaven um 1910

Moses, ist die unterste Stufe eines Seemannes bei der Seefahrt.
Es gibt noch einen Brückenmoses, das ist der, der als 4. Offizier auf der Brücke "stört".

Zunächst war die theoretische Ausbildung zu absolvieren. Ein alter im Hafen von Bremerhaven festvertäuter Frachter diente als Schulschiff "Nawitka". Ein stolzer Name, die Bedeutung wurde nie ergründet. Auch als ich das Schiff und den Namen einmal im Schiffahrtsmueum Bremerhaven erwähnte hatte noch niemand davon gehört.
Bis heute. Nach Recherche im Internet komme ich zu diesem Ergebnis:
Die "Nawitka" war ein 1919, in Texas von der National Shipbuilding, gebauter Frachter, der 1938 vom Norddeutschen Lloyd zum Ausbildungsschiff umfunktioniert wurde.
Nawitka kommt wahrscheinlich aus dem "Chenook", einer Indianersprache und bedeutet: ja, na sicher, natürlich im bejahenden Sinne.

Die "Nawitka" in Bremerhaven

Den Laderaum hatte man unter Leitung eines invaliden Kapitäns zum Lehrsaal umfunktioniert. Da wir wohl die ersten waren, die dort unterrichtet wurden, war mir die dann noch erfolgte Umbennenung in "Admiral Brommy" nicht bekannt und muss nach meiner Zeit dort gewesen sein. Bei einem Bombenangriff im Dezember 1943 wurde das Schiff zerstört.
Die Ausbildung lag in den Händen eines bissigen, aber lustigen Bootsmannes. Wir paukten alles: Sicherheitsübungen, für alle mögliche Gefahren auf See für Schiff und Mensch, Einsatz eines Dräger Sauerstoffgerätes, Feuerlöscher aller Art. Wir lernten, dass man Brände nicht mit Wasser, sondern Tetrachlorkohlenstoff löschen muss.
Auf dem Programm standen allen seemännischen Knote, einschließlich jenen, die man später niemals braucht. Sie hatten klangvolle Namen wie Webleinstek, Kreuzknoten, Palstek, lange und kurze Trompete, Weiberknoten, Türkenbund und noch mehr.
Wir übten Bootsmannöver und mussten ein Rettungsboot möglichst schnell und waagerecht ins Wasser befördern. Unsere Schulschiff hatte zu diesem Zweck noch die Technik aus der frühen Steinzeit der Seefahrt. Davits englisch Devits sind Aufhängevorrichtungen für Rettungsboote, die ich in dieser Ausführung, außer bei Museumsschiffen, nie wieder sah. Schweißtreibend, aber wichtig war es das Boot mit Muskelkraft durchs Wasser zu bewegen. Wir legten uns in die sogenannten Riemen. Auch heißt es bei den Seeleuten nicht rudern, sondern pullen, das ist das englische Wort für ziehen.



Nach bestandener Prüfung, Bootsschein genannt, meinte ein Mitstreiter, das wir jetzt Offiziersanwärter wären und heftete sich einen silbernen Stern an den Kragen. Mit dem Bootsschein und einem Seegesundheitszeugnis, einem Seefahrtsbuch, dass sogar einen weltweiten Pass ersetzte, war man berechtigt die Planken aller Schiffe, die auf den sieben Weltmeeren schifften, zu betreten und sich dem Fron eines Bootsmannes zu unterwerfen.




Alles aus "Schiffsbemannungen gestern und heute" von Paul Nagel






























































Nach Kenntnis von Recht und Gesetz, betrat ich, ich hatte das Gefühl von "entern" glaube ich, den Ostasien Liner Potsdam vom Norddeutschen Lloyd.
Das Schiff lag zur Ausrüstung am Schuppen F, beim Kühlhaus Frigus, in Bremerhaven. Ziel der Reise mit Zwischenstation Hamburg war Ostasien.
Ein Laie denkt vermutlich, das Seefahrt mit Wasser beginnt, bei mir Begann die Fahrtzeit mit Sand.
Auf dem Oberdeck lag ein Berg Sand, der mit Pützen, hochdeutsch Eimer, auf verschiedene Decks (an Land sind das Etagen) auf Kisten verteilt werden musste. Der Zweck blieb im Dunkeln. Ich wußte bisher nicht schwer Sand sein kann und wie schwer und sandig der Weg zum Kapitän ist. Über Treppen Sandeimer schleppen, ließen meine Beine immer kürzer und meine Arme immer länger werden. Wenn ich das später erzählte, hatte mancher den Eindruck, dass ich mich davon nicht erholt habe. Die Seefahrt formt den Menschen.

Das oben geschilderte spielte sich im April/Mai 1938 nach meiner Schulentlassung ab. Somit vor meinem 14. Geburtstag am 19. Mai und damit war ich damals einer der jüngsten Seemänner der Handelsmarine.

Bald erfuhr ich, wofür man den Sand auf Schiffen benötigt. Mit Besen und Sand wurden mühsam die Holzdecks geschrubbt. Meine Hoffnung: Als Kapitän muss man keine Decks mehr schrubben. ich wollte mich also beeilen Kapitän zu werden.
Die erste Seereise, Weser runter, bei Cuxhaven um "die Ecke", Elbe rauf bis Hamburg, hatte keine schiffahrtsgeschichtliche Bedeutung.
Die Potsdam war kein alter Kohlenfresser, es war das modernste, ein Elektro-Turbinen-Schiff. Trotzdem hießen die Heizer immer noch Heizer. Sie war eins der ersten Schiffe mit gemeinsamer Messe der Decks- und Maschinenbesatzung. Möglich, weil die Heizer nicht mehr kohlenverstaubt von der Wache kamen. Das Essen, für mich das erste bei der Seefahrt, war fürstlich. Ich kannte ja nur eine, wenn auch gute, bürgerliche Küche. Schweinebraten gab es reichlich und das beste war die Kruste, die der heimische Herd in dieser Form nicht schaffte. Unvergesslich.
Es dauerte nicht lange bis ich mir ein kleines "Lloyd-Bäuchlein" angefressen hatte.

Gesprächsstoff am Tisch immer: Das schlechte Essen. Auf dem jeweils vorherigen Schiff war das Essen, nach Erzählung der "alten Hasen" immer besser. Später als ich selber das Schiff wechselte, bekam ich heraus, dass der vorherige Koch, über den Gestern noch geschimpft wurde, viel besser war, als der jetzige. Das wiederholte sich mit jedem Schiffswechsel.

Ankunft in Hamburg bei der Werft Blohm und Voss. Der erste angelaufene Hafen in meiner seemännischen Laufbahn. Wir lagen zur Ausrüstung in der Werft.
Auf einmal ein Ruf: "Schuss holen!" Alles rannte und ich mit und war plötzlich 5 Reichsmark reicher.




Der erste große Reichtum meines Lebens und das mit selbst verdientem Geld und ich wußte für alle Zeiten was "Schuß" hieß: Vorschuß, auch Abschlagzahlung. Es war der siebte Teil der Monatsheuer eines Moses.
5 Reichsmark. Was tun damit. Seeleute gingen an jedem Hafen an Land. Heute, bei den kurzen Liegezeiten, leider nicht mehr möglich.
Das erste große Wunder: Der Elbtunnel, das war ein Erlebnis. Wir "Seeleute", ein halbes Dutzend Jungs, die fröhlich singend durch den Elbtunnel liefen. Ein paar Werftarbeiter, es war wohl gerade Schichtwechsel auf der Werft, begeneten uns höchst und wirkten amüsiert.
An den Landungsbrücken um die Ecke trotteln erlebnishungrige Seeleute ins Nachleben, ich trottelte mit. Die Faust in der Tasche umklammerten den ersten Schuss. Eine Straße mit viel Licht, es muss, spätere Erkenntnis, die Reeperbahn gewesen sein. Irgendwie trennte sich unsere Bande und ein Erinnerung an, ich weiß nicht wo, einen Saal mit einer großen Kapelle ist mir geblieben. Zurück, fest in meiner Erinnerung,  wieder durch den Elbtunnel zur Werft.
Mein Reichtum, die 5 Mark überstanden den Orkus von Hamburg.

Die Rückreise zur Endausrüstung nach Bremerhaven verlief ohne besondere Vorkommnisse.
In Bremerhaven kam meine erste unerwartete Talfahrt auf der Achterbahn meines Seemannslebens. Der Bootsmann hatte Ärger mit seinen Matrosen. Die, es war Sonnabend, wollten an Land, der Bootsmann jedoch verlangte Überstunden. Keiner von den Matrosen meldete sich, ich, keine Ahnung um was ging, auch nicht, aber als schwächstes Glied in der Truppe traf mich die volle Wucht des Bootsmanns. Ich wusste nicht warum, aber nach 14 Tagen Seefahrt bekam ich meinen ersten "Sack". So nannte man bei der Seefahrt einen Rausschmiss, und es bedeutete, das man seinen (See)Sack zu packen hatte. Der "Sack" hatte keine großen Auswirkungen auf meine jetzt schon zweiwöchentliche seemännische Laufbahn. Es war nur ein normaler, noch oft erlebter Schiffswechsel auf ein Schiff mit dem schönen Namen "Der Deutsche".
Warum nicht, wie üblich, alle Schiffe sind weiblich, "Die Deutsche". Hätte doch auch gepasst.
Die Welt war Durcheinander.


Aus meinem Archiv


Aus "Capital" 2007






Mittwoch, 24. April 2013

Gedanken

Heute eher Aktuelles


Am Anfang war Zukunft.
Dann häuften sich Erinnerungen.
Am Ende räumt Vergessen auf.

Zurück von meinen Reiseberichten aus meiner Jugendzeit. Was hat sich geändert?
Die Fenster in den modernen Zügen können nicht mehr geöffnet werden und es fehlt die Warnung:
"Ne pas se pencher en dehors."
Heute hört man die Ansagen: "Kiek not out of the Windows, next Station Munic."

Im Fernsehen: Wer unter dem Schirm des höchsten sitzt... Psalm 91,11.






EFSF=Europen financial stability facility oder ESM=Europian Stability Management



Deutsch: Rettungsschirm

"Wer immer strebend sich bemüht, kann auch Steuern zahlen, sogar für andere."

Du sollst nicht stehlen, wenn legale Mittel das gleiche Ziel erreichen. Cayman Island, Cook Island, aber auch der US-Staat Delaware. Warum in die Ferne schweifen, Klein-Walser Tal liegt so nah.

Was tun spricht Zeus? Schon Schiller kannte seinen Zeus.




































Er, wie alle seine Zeitgenossen, Goethe, auch Karl Marx, beherrschten die alten Sprachen. Selbst Adam Smith soll abgeschrieben haben, siehe Georg Büchmann "Geflügelte Worte."

Wissen lässt sich auf vielfältige Weise verwenden, z. B.
Schuldenkrise - Finanzkrise - Wirtschaftskrise - Eurokrise - Glaubenskrise (Banken/Papst) - Vertrauenskrise - Wissenskrise. Ende? Bitte vervollständigen sie die Aufzählung.

Gouvernment is a sunny place with shiny place. Sommerset Maugham

Alles oben Genannte lief früher unter dem Begriff "Blase".




1636 die Urmutter aller Blasen, die Tulipomanie. Zu einem Zeitpunkt als bei uns der Dreißigjährige Krieg tobte, wurden in Holland horrende Preise für Tulpenzwiebeln gezahlt. Anfang 1637 brach der Markt jedoch schon ein und was ist geblieben? Riesige Tulpenfelder und ein fortwährend erfolgreiches Exportgut.

Die größte Blase meiner Kindheit. Bei den Fahrrädern waren oft die Mäntel dünn, abgefahren und löchrig. Der darunter liegende mit Luft gefüllte Schlauch suchte sich dann einen Weg durch die dünnen Stellen und es quoll eine Blase heraus, sieht man heute gar nicht mehr. Was tun? Gustav, in der Schule nicht der Schlaueste kam vorbei und sagte: "Ihr müsst die Luft raus lassen." So einfach ist es eigentlich mit den Blasen, man muss ihnen nur die Luft nehmen.

Unsere heutige Misere ist eine Misere, die durch das Platzen einer Blase mit dem Namen "Verbriefung" und "Lehman Brothers" entstand. Lehman Brothers war dem Risiko entsprechend bei der größten Versicherungsgesellschaft AIC (American Insurance Group) versichert, allerdings völlig unzureichend. Als die Verbriefungsblase rund um den Globus platzte setzte ein Super-Schock ein. Alle relevanten Marktteilnehmer, speziell die Banken, machten die Schotten dicht, der Kreislauf des Geldes brach zusammen, "Silvio Gesell" band 11 von 1920. Wenn man Geld dem Umlauf, den Märkten, dem Warenaustausch seiner Bestimmung entzieht.....Seite 188




































Die globalen Fehler, besser die desaströsen Irrtümer (Error of Judgement) brachten die gesamte Weltwirtschaft ins Trudeln. Die FED stand vor der Wahl (to big to fail) Lehman oder AIG zu retten? Auf AIG fiel die richtige Entscheidung. Es ging um mehr, als nur um Lehman. AIG wurde quasi verstaatlicht. Wenn Lehman seinen Schrott versichert (CDS- Credit Default sweps) sollte im Versicherungsfall auch genügend Deckung sein. AIG ist heute schon wieder gesund. Besser wäre es gewesen Lehman auch zu retten, jetzt rollte (ausser USA) der Rettungswahn an. Sparen, Sparen, Sparen, Tot-Sparen.

Schäuble, Merkel und all die anderen Hütchenspieler starteten den größten Blödsinn seit 1930. Sparen wie Brüning, obwohl sie das richtige Modell den Marshall-Plan von 1948 hatten. Das hatte mit Sparen nichts zu tun, im Gegenteil mit wenig wertlosem Papiergeld wurde ganz Westeuropa (der Osten wollte nicht) gerettet.

Schaukelstuhl bleib niemals stehen.


Beerster Rundschau 7/10

Nicht Herr H. aus M.

Aus "Der Zahnarzt in der Karikatur", Erich Heinrich


Noch 'ne Reise

Sommerferien in Kiel


Vater wurde, die neue Wehrmacht brauchte noch die alten Soldaten, um genug Stärke zu bekommen, wieder reaktiviert.
Das bedeutete Umzug nach Kiel, aber ich sollte die Schule nicht wechseln, wollte es auch nicht und so blieb ich bei den Großeltern.

Alles war stolz. Der Führer auf seine neue Flotte. Vater auf die neue Aufgabe, auf dem Panzerschiff "Admiral Graf Spee" Bj. 1934, benannt nach einem Admiral aus dem 1. Weltkrieg. Er war in seinem Element. Und Mutter, geprägt durch die uniformtragenden Vorfahren, auf einen Ehemann in Uniform.



"Admiral Graf Spee"

 In den großen Sommerferien, es war das Jahr 1937, fuhr ich mit viel Erwartungen nach Kiel.
Mutter hatte eine Stelle in der Holsten-Brauerei gefunden. Frau Schulz, die Mutter in der befreundeten Nachbarsfamilie, arbeitete in einer Süßwarenfabrik. Das Schlaraffenland, Bonbons pfundweise zur freien Verfügung. Es war der Ausschuss, schlecht verpackt oder nicht ganz perfekt. Das war etwas ganz anderes als in Bremerhaven für 5 Pf. Dauerlutscher bei Schocken zu kaufen. Auch, nicht ganz unwichtig, die Tochter Ursel.

Werbefahrt der Holsten-Brauerei, meine Mutter im Wagen hinten rechts


Frau und Herr schulz

Ursel und ich





































































Wir fuhren täglich mit der weißen Dampferlinie oder war es die blaue, die es auch gab, zum Strand an die Förde.
Taschengeld täglich eine Reichsmark, welch eine Reichtum. Ich kaufte mir jeden Tag ein Pfund, damals wie heute 500 Gr., Kirschen.
Als erstes, obwohl ich nicht nackt ankam, wurde ich von Kopf bis Fuß neu eingekleidet. Gerade in Mode waren Knickerbocker, siehe Bilder.
In Bremerhaven vermied ich später die Knickerbocker anzuziehen. Sie waren nicht "mein Ding".


Mutter und ich

Vater und ich





































































Die "Graf Spee", Schiffe sind immer weiblich, lag in der Förde an einer Festmacher-Boje. Es war ein traumhaftes Erlebnis im tiefsten Frieden, wer dachte an Krieg. Wer erahnte die späteren Ereignisse des Schiffes am Rio de la Plata (siehe Zeitungsartikel auf der Bilderseite). Vater hat das nicht miterlebt, er war zu der Zeit bei der 7. U-Bootflotte in La Baule, St.-Nazaire.

Jetzt hatte das Schiff Friedensaufgaben, z.B. Bürgerkrieg Spanien (siehe Bild und Zeitungsartikel auf der Bilderseite) und Spithead zur Flottenparade, anlässlich der Krönung von George VI. Deutschland errang allmählich wieder internationale Anerkennung. Auch Italien half Franco "Ordnung" herstellen.
Man sang: "Wir fliegen jenseits der Grenzen mit den Fliegern Italiens vereint". Es war für die neue Luftwaffe die erste Übung für späteren Einsatz der ganz besonderen Art.
Picasso schuf das Bild "Guernica". Für Kritiker hatte man parat: "Wo gehobelt wird fallen Späne."
Die Besatzung der Spee wurde für ihren Einsatz belohnt mit einer Reise nach Berlin zum Führer (siehe Bild auf der Bilderseite).

Vater brachte mir als Andenken ein Käppi mit. Vorne hatte es einen Troddel und war von einer militärischen Organisation, der "Falange Espanol". Zurück in Bremerhaven präsentierte ich es stolz.
Es überlebte aber die erste Begegnung mit Großvater nicht und war sofort verschwunden. Erst sehr viel später, wurde mir klar, warum ich damit nicht herumlaufen sollte.

Bis auf eine Wache gehörte die "Spee" mir, ich durfte an Bord schlafen. Zur Landverbindung, zum Hindenburgufer, verkehrte ein Pinasse, ein bordeigenes Motorboot. Die Touren damit machten mir viel Spass.
Kommandos an Bord werden gepfiffen. Man nennt es "Seite pfeifen" mit einer speziellen Pfeife, der Bootsmannspfeife. Geht der Kommandant von Bord oder kommt wird gepfiffen. Alles hat eine Melodie. Es hieß: "Backbordwache still gestanden." Vater sagte: "Guck mal die Wache wird raus gepfiffen."
Einmal fuhr ein Boot vorbei mit einer dicken Frau im langen weissen Mantel. Vater sagte: "Das ist Hermann Göring."

Das Boot sah ich später wieder, der Stern Reporter, der Hitlers Tagebücher "fand", hatte es für das Honorar gekauft.

Die Marine mochte die braunen Nazis nicht, sie war noch sehr kaiserlich. Göring nannten sie den Reichsfischfuttermeister. Auf einer Fahrt nach Helgoland schaukelte es bei etwas Seegang und ihm fiel das Essen aus dem Gesicht.

Wir hatten auch freien Eintritt zur Marine Badeanstalt. Ich kletterte auf den 10-Meter-Turm, Mutter schimpfte, ich war zu feige um wieder runter zu klettern und dachte springen sei das kleinere Übel. Dieses eine mal und nie wieder.
Jeden Abend, auf dem Weg nach Hause, kehrten wir irgendwo ein auf ein Bier und Vater trank sein Holsten.
Ich genoss die Zeit, die im Fluge verging.

Alles hat ein Ende. In meiner Erinnerung war dies der schönste Sommer bevor der Ernst des Lebens begann.


Mutter und Vater









Vater, Mutter und ich

Vater, Frau Schulz, Mutter und Ursel
Ursel, Vater und ich





























Aktuell

Aus Bank und Börse, Tomus Verlag




































Aus dem Archiv und trotzdem Aktuell!


Wie man sieht: Alles schon da gewesen

Montag, 22. April 2013

Büdingen und Beedenkirchen

Büdingen, Beedenkirchen und die Hechlers

Noch ein paar Sachen aus meinem Archiv:



Blick vom "Malerwinkel" auf das Mühltor

Hechler Familientreffen 1997

Ich, beim Familientreffen

Schloß Schönberg

Hier holte meine Großmutter jeden Tag Essen. Sie war nach dem Verlust der Eltern bei einer Frau untergebracht und das war wohl die "Entlohnung" für die Aufnahme des Waisenkindes, dass es Essen aus der Schloßküche gab. Den Weg bin ich auch gegangen, es geht steil bergauf und ist anstrengend.









 Aus der Chronik Beedenkirchen, bearbeitet von P. Krämer:






Man beachte den Strassennamen                                                                                                                                                         



Sonntag, 14. April 2013

Kleine und große Reisen

Die Reise nach Hessen

Von den Vorbereitungen für die große Reise ist mit fast nichts mehr erinnerlich. Ich weiss noch, dass ich bei  der Abreise über die großen Räder der Lokomotive gestaunt habe.

Etliche Kurzreisen, wenn man es überhaupt Reisen nennen konnte, waren einprägsamer.

Jedes Mal im Frühling mussten die Bienen des Großvaters in die Heide. Heidehonig war eine spezialität, ein Markenzeichen. Zu diesem Zweck musste nächtens, wenn die Bienen schliefen, der Transport stattfinden und ein Pferdefuhrwerk für die Fahrt besorgt werden. Die Beziehungen, die Großvater als ehemaliger Kavallerist mit großen Kreis ehemaliger Kameraden hatte, waren bestimmt hilfreich um ein Fuhrwerk auszuleihen.
Großvater war auch ein Pferdefachmann, wann immer es in der Nachbarschaft um Pferde ging, mußte Großvater mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Pferde waren zu dieser zeit noch häufig im Verkehr anzutreffen. Der Kohlenhändler gegenüber hatte ein Pferdefuhrwerk, außerdem gab es noch bäuerliche Betriebe im Stadtgebiet, die voll auf Pferde angewiesen waren.
Oft bot durchreisendes Volk Pferde zum Verkauf an. Dann war Großvater gefragt. Unter den Steert und in die Nüstern hat er geguckt. Manchmal wurde mit diversen Mittelchen nachgeholfen, die Pferde je nach Temperament oder Verfassung etwas ruhiger oder lebendiger darzustellen.

Wenn es in die Heide ging, fuhren wir vorschriftsmäßig mit einer Petroleumlampe unter dem Wagen, als Rundumbeleuchtung. Ein unvergessliches nächtliches Erlebnis.
Im Laufe der Saison musste man dann öfter nach den Bienen sehen. Mit der Kleinbahn Wulsdorf-Farge reisten wir öfters zu den Bienen.

Fahrplan 1923 aus Verkehrshandbuch für das Unterwesergebiet


Die Reisen nach Hessen sorgte Wochen vorher für Gesprächsstoff. Großmutter sprach öfters von "Weckworscht" und "Woin".
Weck- eine Brötchenart, Worscht- eine Fleischwurst, auch warm oder eine geräucherte Rotwurst und
Woin- Apfelwein.

In Hessen bekam ich das alles aus eigener Fabrikation der Familie Jöckel.
In Norddeutschland gänzlich unbekannt der Schwartemagen, war hier eine Delikatesse.
In der Gegend war die Verbindung Metzgerei und Gastwirtschaft sehr verbreitet. Weckworscht und Woin gab es also oft in einer Gaststube, die an eine Metzgerei angeschlossen war, was für mich völlig neu war, da es diese Kombination in Norddeutschland nicht kannte.
Auch zum Abendbrot gab es Fleisch-und Rotwurst in handlichen Stücken.
Der Apfelwein war ein Produkt von Streuobstwiesen. Jetzt sah ich auch von wo jeden Herbst der große Obstkorb per Bahn angeliefert wurde.

Große Schilder am Eingang der Gastwirtschaft verrieten mir, dass es auch, außer der mir bekannten Biersorten Karlsburg und Victoria, noch Funkstädter Bier gab.
Der Apfelwein stand in einem Steinkrug (Bempel) und wurde nach Bedarf aus einem großen Fass im Keller abgefüllt. Die Aufgabe durfte ich Zeitweise erfüllen.
Wir besuchten auch Großvaters Schwester in Grünberg/Oberhessen. Die ebenfalls eine Metzgerei und Gastwirtschaft hatten.
Dort war ich bei einem Schweineschlachten dabei, das ich aber schon von zu Hause kannte. Großvater hatte soviel von der Schlachterei in seiner Familie mitbekommen, dass er in Bremerhaven ein Lizenz zum Schlachten bekommen hatte und die Art der hessischen Wurstbereitung hatte dort Liebhaber gefunden.

Natürlich hatte Großvater auch in der Heimat alte Kameraden, Kriegsteilnehmer wie er.
Die neue deutsche Wehrmacht war gegründet und die ersten Biwaks, die nächtlichen Heerlager der Soldaten wurden veranstaltet. Die Kameraden erfuhren, dass in Fulda eines statt finden sollte. Das musste man gesehen haben. Es war wert diese weite Anfahrt auf sich zu nehmen.

Auf dem nächlichen Biwakplatz leuchteten Feuer, die Gewehre waren zusammen gestellt und schweres Gerät war aufgefahren. Besucher waren willkommen und so konnten wir uns umsehen. Es war sehr interessant für die alten Frontsoldaten, die über den aufgeweichten Platz stapften und ich durfte dabei sein.
Nach genauer Inspektion gaben sie ihr Urteil ab: "Mit diesem Haufen kann man keinen Krieg führen." Denn überall im neuen Reich tauchte das Gerücht auf: "Hitler will Krieg".
Aus demografischen Gründen konnte man zu der Zeit eigentlich nicht damit rechnen. Die ersten Jahrgänge die ausreichend junge aktive Soldaten stellen konnten waren nach den schweren Verlusten des 1. Weltkriegs und der 1918 folgenden spanischen Grippe die Geburtsjahrgänge ab 1919, die jetzt aber noch nicht 18 Jahre waren.  Es waren dann die Jahrgänge die den Beförderungsstau auslösten und es zur Armee der Obergefreiten werden ließ, in gleicher weise traf es auch das Offizierkorps, man hatte viel zu alte Kompanieführer. Dito, die so genannte Majorsecke.

Hoch her ging es auch im nahen Dorfkrug in dem die Führungsclique der neuen Wehrmacht mit Dorfbewohnern und auch mit den alten Kameraden hitzige Debatten, eine Art Manöverkritik betrieben.

Was wohl die Versammlung über meinen Großvater, dem einzigen Uniformträger in der Runde dachten. Ohne Uniform ging es beim Großvater nicht und wenn es die Straßenbahner Uniform von Bremerhaven war. Eisenbahn und Post hatten Uniform, warum nicht auch die Straßenbahn. Diese allerdings mit Knöpfen in silber und glatt und ohne Adler oder sonstigem.
Großvater hatte speziell eine Ausgehuniform aus nachtblauen Tuch. Das Ärgerlichste für ihn war, dass Straßenbahner nicht, wie Postler und Bahner, den Beamtenstatus hatten.
Uniformern mussten es sein, noch besser wäre es gewesen einen Säbel zu tragen, wie der Polizist der bei uns um die Ecke wohnte und zum Dienst immer einen Säbel trug.

Großvater und ich




































- Die Seeoffiziere des NDL sollen in alter Zeit bei Kaiser Wilhelm das Tragen von Säbeln beantragt haben. Kaiser Wilhelm soll ja gesagt haben, aber die Säbel bitte nur aus Holz. Die letzten von der Großdeutschen Marine trugen zur Galauniform wieder einen Ehrendolch.

Es sind gewisse Erlebnisse, die sich als Kind einprägen, dazu gehörte auch diese Debatte und die Fische im Burggraben.
Damals war es ein friedliches Wunder, das im Burggraben des Schlosses von Büdingen Fische schwammen und keines der "Nordlichter" dort angelte. Als ich viel später noch einmal beruflich in der Gegend zu tun
hatte, wollte ich mich vergewissern, ob meine Kindheitserinnerung real war. Richtig es schwammen immer noch Fische im Graben und es waren keine Stinte wie wir sie im Norden angelten sondern Forellen.
Das Langzeitgedächtnis, wie von Dr. Eric Kandel, Nobelpreis 2000, Neurobiologie, beschrieben, funktionierte.

Großvater fuhr bald zurück. Die Bienen, das Federvieh und die Karnickel warteten. Ich blieb in der Fremde und sehnte mit viel Langeweile das Ferienende herbei.

Die Theorie von Dr. Kandel bezüglich Synapsenverknüpfungen und Erinnerungen und mein eigener Eindruck, bezüglich dieser Dinge, stimmen genau überein. Immer wenn ich gedeckten Apfelkuchen mit Sahne esse habe ich einen Dampfer auf dem Main vor Augen und in der Nase, hier habe ich ihn das erste Mal gegessen. Das sind die, wie Dr. Kandel beschreibt, unverbrüchlich geprägten Synapsen eines Zwölfjährigen.
Memories never die.

Eine weitere der bleibenden Erinnerungen ist bis heute, diese üppig blühenden Geranien an allen Fenstern.
Warum man als Kind die Schönheiten einer alten Stadt wie Büdingen nicht wahr, nur die Geranien geschmückten Fenster sind eingebrannt in mein Gedächtnis, wie ich sie von zu Hause nicht kannte.
Noch heute liebe ich rote Geranien.



Aktuell

Sehen so die Auswirkungen des Klimawandels aus?

Aus "Nimm's leicht!" von Loriot



Oder etwas zum Überdenken:

Aus "Im Sternzeichen des Esels" von Kurt Marti

Mittwoch, 10. April 2013

Mein Partner K. Mohr Aus meinem Archiv

Mein Metier

Das waren noch Zeiten!
Sehen wir uns einmal die Ergebnisse der bekannten USA-Investmentfonds an.
Der Ausrutscher "Manhattan". der Manager Gerald Tsai kam von "Fidelity", wo er gute Erfolge hatte.
Er machte sich mit Manhattan-Fund selbstständig und startete mit fallenden Märkten.
Es war die Zeit von "Bernie", Vizekanzler Mende usw.
Von allen gelisteten Fonds ist heute nur noch Fidelity ein Marktführer.









 
Aus Dollar-Fonds in Deutschland von Karlfriedrich Mohr