Donnerstag, 11. Juli 2013

Bella Italia Venedig

1. Ankunft in Venedig


Voraus kam ein überwältigendes Panorama in Sicht. Die Insel in der Lagune, darunter Murano, die Glasbläserinsel. Lido, der schönste Strand der Welt. Alles wurde auf späteren Reisen besucht.


Ich hatte hier ein Aha-Erlebnis. Ein bekanntes Lied hatte ich bisher so verstanden: "Wenn ich wüsst', wer mich geküsst um Mitternacht am Friedhof...", hier kam mir dann die Eingebung: "....um Mitternacht am Lido."
Wer kannte in Deutschland schon den Lido. Italien eine Bildungsreise.

Bevor die Passagiere nach vierzehn Tagen Seefahrt um den Stiefel per Bahn Richtung Heimat fuhren, wurde noch das reichhaltige Besuchsprogramm Venedig absolviert. Ein ganz wichtiger Punkt: Tauben füttern auf dem Markusplatz.

Braungebrannt kamen die Volksgenossen aus dem sonnigen Italien ins winterliche Germanien zurück und kündeten von den Wohltaten des Dritten Reiches, dass allerdings nur noch sechs Jahre Restlaufzeit hatte.
Endlich Ruhe im Schiff. "Daddeldu", der Ruf des Bootsmann für Feierabend, klingt nach Ringelnatz, der sich auch Kuddel Daddeldu nannte. Wieder aus dem Englischen: That will done, soviel wie das ist erledigt.

Ringelnatz, bürgerlich Bötticher, war auch, wie ich, einmal Moses die der christlichen Seefahrt. Im ersten großen Orlog, 1914/18 wurde er Leutnant der kaiserlichen Marine und stolzer Kommandant eines Schleppers bei den Minensuchern in Cuxhaven.

Für uns Decksbesatzung war jetzt, im Gegensatz zur Seewache, Tageswache angesagt. Auf See war es ein Dreiwachensystem, 4 Stunden Wache acht Stunden frei. Es sei denn es hieß: "All Hands on deck." Zum Beispiel bei einem Einlaufen in einen Hafen.
Die vier Stunden der Wache waren in acht Glasen eingeteilt. In alter Zeit gab es Sanduhren mit einer Halbstunden Einteilung. Jede halbe Stunde mußte sie gedreht werden und dieses mit einem Schlag der Schiffsglocke angezeigt werden. Vier Stunden bedeutete: acht Schläge, Ende der Wache, Daddeldu.
Die Tageswachen waren beliebt, man konnte nachts durchschlafen oder das Nachtleben von Venedig genießen.

Nicht so einfach. In Venedig gibt es keine Straßen, wie oft habe ich mich verlaufen. Fragen war nicht so leicht, man fand wenig Italiener, dafür nur Touristen aus aller Welt.
Traf man dann auf einen Einheimischen, fragten wir: "Porto" für Hafen und "Grande vapore de dopolo tedesca", so klang es wenigstens. "Großer Dampfer des deutschen Volkes", was genau darunter verstanden wurde ging unter in babylonischer Sprachverwirrung, aber es half den Weg zurück zu finden.

Brücken, Kanäle , Inselchen. In Hamburg gibt es Fleete, in Amsterdam Grachten, damit hört aber jeder Vergleich mit Venedig auf.

Das Transportmittel, Gondeln für wirklich alles was sich transportieren läßt. Von der Hochzeitsgesellschaft, über den Gemüsehändler bis zum Tod oder sonstiger Entsorgung. Am Heck vom Schiff lag eine Gondel für den täglichen Abfall. Durch einen Schlauch aus Segeltuch mit einem Durchmesser von ca. 1 Meter, endete jeglicher Abfall, der an Bord anfiel, in der Gondel.
Einige Italiener mit Booten versuchten noch Brauchbares in der Abfallgondel zu finden, Zigarettenkippen oder es wurde ein Keks im Lagunenwasser abgespült und an Ort und Stelle verzehrt.

Für uns Seeleute, die unsere kostbare Zeit des Landgangs voll nutzen wollten, waren die Gondeln zu langsam. Wir nahmen die "Vaporetto espresso", die kleinen schnellen Motorboote oder Fähren.

Wenn ich von meiner Hafengerüchesammlung berichten soll, dann dass Venedig stinkt. Viele tote Katzen schwimmen jetzt mit ihren Feinden der Lebenszeit, den Ratten und Tauben, friedlich gemeinsam in den Kanälen. Trotzdem, es nimmt nichts von dem Charme Venedigs, an allem nagte der Zahn der Zeit, dekadent vermodert. Wenn es anders wäre, wäre es nicht Venedig.

Wir, die unter 18jährigen hatten Landgang bis 22 Uhr. Bis dahin mussten alle kleinen und großen Sünden erledigt werden.

Wie konnte man sich in Venedig durch Gassen und über Brücken herrlich verlaufen. Wenn es heißt, das alle Wege nach Rom führen, dann führen in Venedig alles Gassen zum Markusplatz, dem Platz der Touristen und Tauben. Für letztere die beste Nahrungsquelle. Taubenfutter, man kaufte es an Ort und Stelle von unzähligen Händlern, streuten sich die Touristen auf die Köpfe, was für ein Schnappschuss für die Daheimgebliebenen. So gab es nicht nur bekloppte, behämmerte, sondern auch bepickte Köpfe. Die Tauben hatten es von Generationen ererbt und gaben es an die nächste weiter.

Die Ereignisse der großen Welt fanden hier nicht statt, Deutsche Zeitungen gab es nicht oder falls wir lasen keine. Radio gab es nur in der Messe und dort nur Musik oder Reden des Führers. "Der Führer spricht!", ab in die Messe, ich schlief oft ein.

In Venedig legte ich den Grundstein für meine Briefmarkensammlung. In der Post: "Francobolli sortimento", einiges italienisches Sprachgut hatte ich schon drauf. Gemischte Briefmarken wollte ich und es wurde verstanden. Lustig, die Postboten liefen in Uniformen herum, wie Generäle in einer Operette.

Das waren die Eindrücke von meiner ersten Italienumrundung.

Fließende Gedanken

zur Jahrhundertflut

Bereits 2002, als das Jahrhundert gerade zwei Jahre alt war, hatten wir schon die Jahrhundertflut. Jetzt elf Jahre später haben wir wieder die Jahrhundertflut, weil noch gewaltiger als 2002. Wasser, im wahrsten Sinne des Wortes, auf den Mühlen der Klimafuzzis. Schäden wachsen ins "Uferlose".
In alter Zeit ließ man dem Wasser noch mehr Auslauf, heute will jeder am Wasser bauen oder die Flächen nutzen.
Auch Bremerhaven hatte 1962 seine Jahrhundertflut. Es war kein Regen, keine Schneeschmelze, es war der "Blanke Hans", der mit einem Nord-West-Sturm gegen die Deiche drückte. Nichts Neues, hatten wir schon öfters. Auf einem alten Gedenkstein in Wursten sind die Ofer einer Flut verewigt: 17 Bauern, 20 Stück Vieh und ein Geestkerl.

1962 schlief ich bei Freunden in Wesernähe. Der Sturm heulte ums Haus und war nachts zwei Uhr plötzlich vorbei. In der Zeitung stand am nächsten Tag: Glücklicherweise für Bremerhaven drehte nachts der Sturm auf östliche Richtung und traf damit auf Schleswig Holstein.
Ansonsten wäre es für Bremerhaven schlimmer ausgegangen. Ich hatte den Katastrophensturm verschlafen. Morgens sahen wir die Bescherung, Deichbrüche und der Deich war übersät mit allerlei Gedöns. Auch die Jagdhütte meiner Freunde, deren Platz bisher auf einer vorgelagerten Insel in der Weser stand, lag ziemlich unbeschädigt auf der Deichkrone. Es geht eben nichts über Qualität, selbst das Kaffeegeschirr hatte es überstanden. Bremerhaven kam glimpflich davon.
Die US-Army war mit schwerem Gerät da und das Wichtigste, Bremerhaven war durch ein kürzlich errichtetes Sperrwerk gesichert.

Dieses Sperrwerk war gegen alle Wiederstände von dem in der SPD Hochburg Bremerhaven regierenden Bürgermeister Hermann Gullasch verwirklicht worden. Dieser Bürgermeister war ein SPD Mann, der jedoch nicht von der SPD, sondern von der CDU und der restlichen Opposition, zum Bürgermeister gewählt worden war.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44416077.html

Es hieß dann auch hinter vorgehaltener Hand Hermann hat Bremerhaven gerettet.
Der Witz in dieser Sache: Bis heute erinnert kein Platz, kein Straßenname in Bremerhaven an Hermann Gullasch. Kürzlich suchte man mit Bürgerbeteiligung einen Namen für ein Areal in Stadt.
Meine Empfehlung mit einem Leserbrief an die örtliche Zeitung:"Hermann-Gullasch-Platz" und das geplante Lokal könnte sich Gullasch Kanone nennen.
Mein Leserbrief wurde nicht veröffentlicht und es gab auch keine Rückmeldung zu meinem Namensvorschlag. Auf meine Rückfrage bei der Zeitung hieß es, das ist nicht von allgemeinem Interesse.
Bremerhaven ist noch immer SPD Hochburg und so wird der "Retter" wohl noch ewig auf eine Würdigung warten müssen.
Anmerkung nebenbei nur vom Hörensagen bekannt:
Der Weg zur Schiffdorfer Stauschleuse wird seit langem im Volksmund "Gullasch-Schinkenbrot-Straße" genannt. Weil Hermann Gullasch angeblich dort gerne in die Restauration zum Schinkenbrot essen ging, und diesen ehemaligen Feldweg auch mit Kopfsteinpflaster versehen ließ.

Hier noch ein Link:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41120832.html

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