Sonntag, 9. Juni 2013

Bella Italia

Ja, ja der Chianti Wein


Chianti war billig und in unseren Augen ein ziemlich saures Gesöff in bauchigen 1 Liter Flaschen und größer. Erich, der mit den Sternen, versuchte die Säure mit Zucker abzumildern. Ein paar Tage später, die Buddel hing in seinem Schrank, gab es einen Knall. Die Gärung des Zuckers hatte seine Schuldigkeit getan.

Genua als internationaler Hafen, war eine andere Welt. Man traf die halbe, wenn nicht die ganze Welt. Unsere alten Seebären waren echte Kosmopoliten. Hein M. erzählte oft von seinen Fahrzeiten auf amerikanischen Schiffen der zwanziger Jahre. Sie brachten in der Hochzeit der Inflation echtes Geld, und zwar Dollars, nach Deutschland. Manch einer kaufte sich für ein paar Dollars ein Haus in Bremerhaven. Die Superinflation machte es möglich.

Treffpunkt für die deutsche Besatzung in Genua war die "American Bar".

Wir von der Besatzung nahmen oft teil an den Ausflügen der Passagiere. Erstes Erlebnis in Genua, mit einer klapprigen Zahnradbahn hoch in die Berge, oben auf dem Berg ein Camposanto, ein Friedhof. Ich wußte gar nicht, dass dieser Ziel unserer Fahrt sein sollte. Wäre es mir bekannt gewesen, wäre ich gar nicht mitgefahren. Im Nachhinein bin ich froh über meine Unwissenheit.
Alle verstorbenen sind in einer Wand übereinamder in kleine Nischen eingemauert. Überall viel Blumen und es brannten Kerzen. Ein ungewohnter Anblick. Der Besuch eines Friedhofs stand nicht auf meinem Programm, aber der weite Blick über die Bucht von Genua, mit dem Hafen und der Stadt, das Mittelmeer bis zur französischen Küste, war für einen Flachländer einfach fantastisch.

Auch war es eine Erholung vom Krach des Bunkerns, der sich auch nachts fortsetzte. Es dauerte dann noch Tage, um mit allen Deckwaschschläuchen auch die letzten Kohlekrümel außenbords zu befördern.
Zusammen mit dem, was von den Bunkerleuten über Bord ging, muß der Hafengrund eine Kohlegrube sein. Auch im Schiff selbst, der Kohlenstaub war durch alle Ritzen gekommen, dauerte es einige Zeit bis wir von dem schwarzen Gold befreit waren.

Der nächste Zug mit Volksgenossen aus Deutschland traf ein. Bei jedem Aufenthalt in einem italienischen Hafen bekamen ein paar italienische Schulklassen frei, um im Zuge der Völkerverständigung mit Fähnchen schwenkend und musikalischer Begleitung voller Inbrunst "Faccetta Nera" vorzutragen und Hitler, Hitler, Duce, Duce und Faschista, Faschista zu rufen. Es war die Jugend der Schwarzhemden, wie bei uns die Braunhemden. Viel Musik, viel Getöse.  Es nutzte sich im Laufe der folgenden Reisen für uns ab.
Das Wort Faschisten war für uns gar kein Begriff, in Deutschland wurde diese Bezeichnung zu der Zeit nicht verwendet.

Start der ersten Reise um den Stiefel, nächster Hafen Neapel.
Erst einmal kamen wir aber wie der Seemann sagt in einen bösen Kuhsturm. Ich hatte Freiwache, schlief und wurde wach, als die Wache vom Dienst durch das ganze Schiff ging, um die Panzerblenden zu schließen. Diese sollten bei Bruch des Bullauges den Wassereinbruch verhindern. Unser Logis, unsere Bude, lag im Vorschiff. Hier geht ein Schiff beim Sturm am stärksten zur Kehr. Der Kahn stampfte ganz schön, wenn es ins Wellental geht setzten die beiden Anker aufs Wasser, ein Knall wie von Kanonen. Das Mittelmeer ist bekannt für schönes Wetter, aber wehe, wenn Neptun böse ist, glaubt man in der Hölle zu sein. "Dante" war hier zu Hause.
Beim ins Wellental fallende Schiff, ist man wenn, man Treppen steigt leicht wie eine Feder, man schwebt aufwärts. Steigt das Schiff dann wieder, bleibt man besser stehen, ein Eimer Wasser wird in dieser Situation zu Blei.
Die Bewegung im Schiff war so stark, dass die Wände zitterten. Sie waren aus Holz -Nut und Feder-, es quietschte und beim Verschieben der Verkleidung wurde meine Jacke, die an der Wand hing eingeklemmt. Was tun? Auf den nächsten Sturm warten? Ein kurzer Ruck, die Jacke war befreit, aber mit dem Verlust eines beträchtlichen Stückes Stoff, war sie unbrauchbar für repräsentative Zwecke.
Viele Jahre später hatte ich nochmals Gelegenheit das Schiff zu betreten. Beim Besuch meiner alte Bude stellte ich fest, dass der Stoffrest meiner Jacke noch immer in der Wand klemmte.

Mittlerweile war ich so gut wie seefest, brauchte nicht mehr Fische füttern. Allerdings hatten einige Gerüche, wie Huhn mit Curryreis, der Auslöser meiner ersten Seekrankheit, noch magendrehende Wirkung.
Deswegen musste ich, wenn es schaukelte einen Umweg zum Vorschiff machen. Nicht durch das "Versaufloch", sondern über das Vordeck. Das Versaufloch war ein unteres offenes Deck. Dort hatten die Chinesen ihre Wäscherei. Sie hatten, wie auf allen Schiffen des NDL, das Monopol für die Wäschereien und hatten auch ihre eigenen Küchen, aus denen oft der kritische Geruch nach Reis und Curry aufstieg.

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