Donnerstag, 2. Mai 2013

Kraft durch Freude

 Eroberung der Weltmeere


 Später erfuhr ich, dass ich sowieso das Schiff wechseln musste. Ich war überzählig gemustert worden. Dieses war in der Zeit üblich, die Seefahrt suchte händeringend Nachwuchs.
Die neue Reichsmarine brauchte Leute und die Autobahnen und der Westwall mussten gebaut werden. Das alles machte Großvaters Wirken, mich beim Norddeutschen Lloyd unterzubringen, eigentlich unnötig. Man hätte nur zum Heuerbüro gehen müssen und wäre mit Kusshand genommen worden.

"Der Deutsche", ein Lloyd Dampfer, ex Sierra Morena, fuhr in Charter für "Kraft durch Freude", einer Organisation des Führers. Chef der Flotte Robert Ley, ein treuer alter Kämpfer des Führers. Die "Sierra Cordoba" lief ebenfalls von Bremerhaven für KdF. Weitere Schiffe folgten von Hamburg, später auch die Neubauten "Wilhelm Gustloff" und "Robert Ley".
Die Sierra Klasse nannte man vorher auch die Spanienfahrer, sie waren eingesestzt um von Vigo, Spanien, Arbeiter für die Zuckerernte in Cuba hin- und herzuschippern. Jetzt dampften zwei von, es waren echte Dampfer, Kohlenfresser, im Dienste von KdF.


Nordwestdeutsche Zeitung 8.6.1934



Wir schaukelten jetzt Volksgenossen nach Norwegen und ins Mittelmeer. Die Seefahrt war lustig. Seekrankheit eingeschlossen. Die Reise Bremerhaven-Norwegen dauerte acht Tage. Das Volk jeweils ca. 1000 Perosnen kam Gauweise. Deutschland hatte man in Gaue eingeteilt, später kam noch die Ostmark, die Heimat des Führers hinzu. Der jerweilige Dialekt, ob bayrisch oder sächsisch war immer dominant. Die Berliner wollten, weil sie immer alles besser wußten, sogar die Schiffsführung übernehmen.
Dafür hatten wir aber neben dem Käpitän einen Reiseleiter, von uns nur Leisereiter genannt.

Betriebe konnten für ihre Belegschaften speziell die Reisen buchen. Z.B. Schuh-Salamander, die Belegschaft war überwiegend weiblich, da war was los. Die Trennung zwischen Passagieren und Besatzung auf diesen Schiffen war verwischt, es waren ja alles Volksgenossen. Man amüsierte sich köstlich. Gegenseitig Füttern mit verbundenen Augen mit Schokoladenpudding, Würstchen schnappen am Band, Eierlaufen, Äpfel mit dem Mund aus dem Wasser fischen.
Das Bootsmanöver war immer ein Höhepunkt, mit Schwimmwesten antreten auf dem Bootsdeck. Die Zeit wurde gestoppt, jeder Gau war immer der schnellste und beste.
Bei Helgoland wurde auf jeder Reise ein Stopp eingelegt. Ein Fischerboot fischte, auf jeden Fall sah es so aus, einen Hai, einen Grundhai, der nicht größer als 60 cm wurden, und sehr schmackhaft die Schillerlocken lieferte.
Das Alles verdankten die Volksgenossen dem Führer und KdF-Chef Robert Ley.

Robert soll ewig Schlagseite gehabt haben, ich kannte mich damals noch nicht so aus mit Betrunkenen, somit kann ich nicht sagen, ob es stimmt.
Er schenkte mir, und Allen die am Maiumzug um das Promenadedeck teilgenommen hatten, am Tag der Arbeit, am ersten Mai, den der Führer als Feiertag eingeführt hatte, eine Zigarre. Als Nichtraucher empfand ich das Geschenk unpassend.
Beim Lloyd war das Rauchen für die Jungs verboten, auch Bier war verboten. Mir fehlte es mit meinen 14 Jahren nicht.

Abends mussten wir Jungs immer für die Matrosen Bier aus der Mannschaftsbar holen. Ein älterer Junge gab mir einen Tip: "Wenn du das Bier holst, kannst du von jedem Krug einen Schluck abtrinken." In meine Augen kein guter Ratschlag und ich probierte es nicht aus.
Das also war das Schiff auf dem ich durch besondere Umstände gelandet war.

Der letzte Moses wurde Assistent des Matrosen, der in der Messe das Sagen hat. Drei Wachen m Wechsel, drei mal zur Küche Essen holen, Tische eindecken, dreimal abwaschen, immer in Bewegung.

Die Holztreppe nach unten zur Messe und den Kammern hatte durch die Werftliegezeit gelitten. Teer und Fett mußten weggeschrubbt werden. Einer meiner Aufgaben. Dagegen hilft P.3 ?, scharfes Putzmittel, gut gegen alles, schlecht für die Hände. Es zog sogar den letzten rostigen Nagel aus dem Holz. Ein Nachteil, es hinterlässt einen grauen Belag, den nur Salzsäure mit Tiefenwirkung entfernt und den Eimer blank werden lässt. Alles Chemie.

Wenn wir in der Werft mussten wir auch zur Galvanisierung unserer Blechschüsseln, die wir zum Essen holen benutzten. Danach waren sie wie neu verzinkt oder verzinnt. Wo war der bisherige Belag geblieben? Vielleicht in den Kartoffeln.


Aus dem Archiv


 



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