Freitag, 11. September 2015

DIE PISSPOTTBANDE





                         Danzig, Lange Brücke       oben: Frauengasse


Die Pisspottbande
Richtig lustig wurde es mit der Gründung der Pisspottbande im Hinterzimmer von Giselas Kneipe. Gottfrieds Bruder, Johannes, gründete sie. Gottfried schleppte mich mit. Gisela freute sich, mich "Bocher" wieder zu sehen. Es war ein elitärer Männerclub. Erster und einziger Satzungspunkt :"Keine Weiber." Wir waren meistens nur zu fünft. Johannes war Leutnant mit Ritterkreuz, und als Assistenzarzt im Danziger Krankenhaus tätig. Dadurch war er vom Militärdienst befreit. Die Hauptfigur war ein Leutnant vom Afrikakorps. Er hatte ein Bein gegen ein Ritterkreuz eingetauscht. Bald kam auch Hans Neuss dazu. Manchmal komplettierten diese Runde Wehrmachtsangehörige mit Turban, von der "Indischen Legion". Es war ein bunter Haufen. Wir hielten "Symposien" ab, auf denen sich Sokrates, Platon und Aristoteles unterhielten. Im Laufe der Abende gesellte sich auch Eros gern hinzu. Getrunken wurde aus einem Nachttopf. Wir hatten einen edlen aus Glas. "The Pot of Pi". Teilnahmebeitrag war jeweils eine Flasche mit geistigem Inhalt. Wir nahmen alles, da kriegsbedingt Mangel herrschte. Nur durch Beziehungen oder auf dem Schwarzmarkt kam man daran. Die Mischungen waren fürchterlich. Von A - Absinth bis Z - Zitonenlikör wurde alles akzeptiert. Das Edelste, "Danziger Goldwasser", oder "Stobbe´s Machandel" wurden mit "Heureka" bejubelt. Zwecks Trinkbarkeit wurde die Wissenschaft befragt. Der Arzt trat in Aktion. Er nahm eine Probe, dann der Befund :"Zu schwach!" Er langte in die Tasche und holte ein Fläschchen ( Wo ist man schliesslich tätig? ) reinen Alkohols hervor. Jetzt hatte die Mischung ärztlich verordnete Stärke. Zum Trinken brauchte man beide Hände und oft Hilfe seines Nachbarn, der einem die Nase zu hielt - Verdacht auf Äther.
Wenn es der Alkoholpegel noch zuliess, folgten wir, nach dem "Pisspottsymposium", den rufen Eros´ ins Danziger Nachtleben. Gottfried und Johannes, die beiden "Pastorentöchter" ( Ihr Vater war Pastor ), der "Wüstenfuchs", und ich waren die Standardbesetzung. Einige Etablissements legten Wert auf seriöses Publikum. Der einbeinige Wüstenfuchs mit Ritterkreuz war garantierter Türöffner. Auch die Turbanträger machten Eindruck. Bald sprach sich die Werbewirksamkeit unseres Kuriositätenkabinetts herum. Das bedeutete kostenlosen Getränkekonsum für uns. Gottfreid setzte sich dafür ans Klavier. "Wenn der weisse Flieder wieder blüht...". Ein Lied, das uns Gottfried auch einmal auf der Orgel, in der Kirche seines Vaters, zum Besten gab. Höhepunkte waren die "Dreigroschenoper", und Jazz. Dann gab es kein Halten mehr. Es erinnerte mich an Paul auf der "Bremerhaven", der auf seiner Mundharmonika Ähnliches drauf hatte.
Wieder einmal standen wir vor einer verschlossenen Tür. Die Damen tuschelten, glaubten in mir den Schauspieler Karl Holt, zu erkennen. Wir widersprachen nicht, und wurden herein gebeten. Nur Autogramme verweigerte ich beharrlich. "Ich bin in...äh, in...?" Gottfried :"Er ist inkognito." Das schien den Reiz nur noch zu erhöhen.

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